Starkes Zeichen der IG Metall-Bezirkskonferenz Standorte halten –Arbeitsplätze sichern – Sozialstaat verteidigen!

Die IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt warnt mit Nachdruck vor einem folgenschweren industriepolitischen Ohnmacht in Deutschland.

Wehende IG Metall-Fahnen.

16. September 2025 16. September 2025


Auf ihrer diesjährigen Bezirkskonferenz bekräftigte die Gewerkschaft ihre Forderung nach einer entschlossenen Industrie- und Sozialpolitik, die ökologischen Wandel nicht dem freien Markt überlässt, sondern sozial verantwortungsvoll und beschäftigungsorientiert gestaltet.

„Industrie ist das Rückgrat unserer Gesellschaft – nicht ein Auslaufmodell. Wer ihre Zukunft aufs Spiel setzt, gefährdet weit mehr als Arbeitsplätze: So riskiert man sozialen Frieden, die demokratische Stabilität und die wirtschaftliche Souveränität ganzer Regionen“, erklärt Thorsten Gröger, Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. „Wir stehen an einem historischen Punkt: Entweder gelingt es uns, Wertschöpfung hierzulande zu halten und die Beschäftigten mitzunehmen – oder wir erleben eine Deindustrialisierung mit all ihren dramatischen sozialen und politischen Konsequenzen.“

Tatsächlich geraten die industriellen Kerne in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zunehmend unter Druck. Energiekosten, geopolitische Unsicherheiten, globale Wettbewerbsverzerrungen sowie ein schleppend umgesetzter Umbau zur Klimaneutralität bedrohen gewachsene Strukturen. Die politischen Antworten bleiben häufig unzureichend oder widersprüchlich – mit gefährlichen Folgen für Beschäftigung, Innovation und Standortattraktivität.

„Die ökologische Transformation braucht Verlässlichkeit statt Volatilität, Planungssicherheit statt Zickzack, und vor allem: klare soziale Leitplanken. Transformation ist kein Selbstläufer – sie gelingt nur, wenn sie wirtschaftlich tragfähig, sozial gerecht und demokratisch legitimiert ist“, so Gröger weiter.

Die IG Metall sieht sich in besonderer Verantwortung für die industrielle und soziale Zukunft der Region – von den Automobilwerken in Wolfsburg, über die Stahlstandorte in Salzgitter, bis hin zu den Maschinenbau-, Chemie- und Energieunternehmen in ganz Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Hunderte Milliarden an industrieller Wertschöpfung und insbesondere hunderttausende Arbeitsplätze und Familien hängen direkt oder mittelbar an der Zukunftsfähigkeit dieser Branchen.

Vor diesem Hintergrund fordert die IG Metall eine industriepolitische Offensive, die strategisch ausgerichtet, strukturell abgesichert und sozial flankiert ist. Zugleich kritisiert die IG Metall das politische Klima, in dem soziale Sicherung zunehmend zur Verfügungsmasse gemacht wird. Forderungen nach längeren Lebensarbeitszeiten, nach Rentenkürzungen oder nach Sozialmoratorien unter dem Deckmantel der Haushaltsdisziplin seien nicht nur sozial blind, sondern auch ökonomisch kurzsichtig. Industrie und Sozialstaat bedingen einander. Wer das eine schwächt, untergräbt das andere – und legt damit die Axt an das Fundament unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts. Hans-Jürgen Urban, Sozialvorstand der IG Metall, erklärte in Hannover: „Wir sind die feigen und verantwortungslosen Attacken auf unseren Sozialstaat leid. Statt Angriffe und Verunsicherung brauchen die Beschäftigten gerade jetzt Solidaritätszusagen, Stabilität und den sozialen Ausbau. Ob Absicherung bei Rente, Krankheit, Pflege oder Familie: Der Sozialstaat ist mehr wert als er kostet. Das staatliche Sozialbudget ist seit Jahren gleich. Wenn jetzt neoliberale Wissenschaftler und Teile der Politik realitätsfern von einer Unfinanzierbarkeit faseln, bedeutet das: Sie wollen nur selbst mehr auf Kosten der Allgemeinheit abstauben.“

Von der Politik fordert die IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt ein entschlossenes Anpacken in folgenden Bereichen:
 

Eine sichere Energieversorgung ist Grundvoraussetzung für industrielle Zukunft

  • Industriestrompreis von 5 ct/kWh für Übergangsphase
  • Stromsteuer auf EU-Mindestmaß senken
  • Ausbau von Erneuerbaren und Wasserstoff-Infrastruktur massiv beschleunigen (15 GW Kapazität bis 2030)
  • Recycling und Rohstoffsicherung als Standortstrategie
  • Massiven Ausbau erneuerbarer Energien und einer Wasserstoffwirtschaft
     

Die Automobilindustrie braucht klare politische Rahmenbedingungen

  • Verlässliche politische Rahmenbedingungen statt Zickzack-Kurs
  • Förderung bezahlbarer E-Fahrzeuge und klimafreundlicher Lkw, soziales Leasing für Haushalte mit geringem Einkommen
  • Ladeinfrastruktur und Schienennetz ausbauen, Lkw-Ladenetze aufbauen
  • Ansiedlung von Batteriezellfertigung und Softwarekompetenz in Deutschland stärken
  • Förderung nur bei EU-Wertschöpfungsanteilen (Local Content)
     

Ohne Nachfrage für CO₂-armen Stahl bleibt die Transformation der Stahlindustrie stecken

  • Öffentliche Aufträge nur mit grünem Stahl
  • Quoten, Prämien und Steueranreize für CO₂-reduzierte Produktion
  • EU-Zollregelungen gegen Dumping-Stahl aus China und Russland sofort umsetzen
     

Öffentliche Förderung muss an Bedingungen geknüpft sein

  • Tarifbindung und verbindliche Standortgarantien
  • Investitionen in Ausbildung, Qualifizierung und Weiterbildung
  • Reform des EU-Beihilferechts für regionale Wertschöpfung
  • Keine Subventionen für Arbeitsplatzabbau oder Verlagerung
     

Ein starker Sozialstaat ist Voraussetzung für Wandel

  • Abschlagsfreie Rente nach 45 Jahren erhalten
  • Kranken- und Pflegeversicherung stärken und solidarisch finanzieren
  • Beteiligung aller Einkommensarten, auch von Kapital, an der Finanzierung
  • Keine Kürzungen und keine Moratorien bei Sozialleistungen
     

Transformation gelingt nur mit den Beschäftigten

  • Mehr Rechte für Betriebsräte bei Personal, Qualifizierung, Standort- und Klimafragen
  • Öffentlich-rechtliches Zugangsrecht für Gewerkschaften auch digital
  • Tarifbindung sichern und ausbauen, Tarifflucht verhindern
  • Unternehmensmitbestimmung stärken – SE-Tricks und Drittelbeteiligungslücken schließen

Die IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt wird ihren Druck weiter verstärken – in den Betrieben, gegenüber der Politik und in der Öffentlichkeit. Der Anspruch ist klar: Die Transformation muss so gestaltet werden, dass Beschäftigte nicht zu Verlierern werden – sondern zu Trägern des Fortschritts. „Zukunft gelingt nicht durch Markt allein – sie braucht politische Rahmensetzung, gesellschaftliche Teilhabe und solidarische Verantwortung“, so die IG Metall. „Wer all das ernst meint, muss Industrie und Sozialstaat zusammen denken – und gemeinsam gestalten.“

(Pressemitteilung des IG Metall-Bezirks Niedersachsen und Sachsen-Anhalt)